Prompt Engineering und Fine-Tuning – ein Erfolgsrezept

Benötigte Lesezeit: 6 Minuten

Bevor du ein großes Sprachmodell verfeinerst, würde ich eher Prompts nutzen und damit die Grenzen des Machbaren ausreizen”, riet mir ein KI-Experte neulich. Das warf bei mir die Frage auf, ob ein Vergleich dieser zwei grundverschiedenen Herangehensweisen Sinn macht und wenn ja, wann welche Methode vorteilhafter ist. Zeit für eine Analyse.

Was ist Prompt Engineering?

Bei der Prompt-Entwicklung oder Prompt-Gestaltung handelt es sich um einen kreativen und technischen Prozess, bei dem gezielt Eingabeaufforderungen (Prompts) entwickelt oder gestaltet werden, um spezifische Reaktionen von KI-Modellen wie ChatGPT oder Gemini zu erzielen, ohne dass das Modell selbst verändert wird. Im Grunde ist Prompt-Gestaltung wie die Bestellung eines Mittagessens. Anstatt dem Koch zu sagen: „Mach mir ein Sandwich“, geben wir ihm eine detaillierte Anleitung: „Bitte bereite ein Sandwich mit Vollkornbrot, geräucherter Truthahnbrust, frischem Rucola, reifen Tomaten, dünn geschnittenem Cheddar und einer leichten Senf-Mayonnaise-Sauce zu. Das Brot sollte leicht getoastet sein, und alle Zutaten müssen frisch sein.“

Der folgenden Prompt wäre zum Beispiel für ChatGPT geeignet:

„Du bist eine renommierte Sterneköchin im Jahr 2050. Beschreibe, wie die kulinarische Welt den Übergang zu 100% nachhaltigen und ethisch vertretbaren Zutaten geschafft hat, einschließlich der Schlüsseltechniken und innovativen Kochpraktiken, die diesen Wandel ermöglicht haben.“

Dieser Prompt ist effektiv, weil er:

  • Eine spezifische Rolle vorgibt („renommierte Sterneköchin im Jahr 2050“), was hilft, relevante Antworten zu generieren.
  • Ein klares Szenario definiert („Übergang 100% nachhaltigen und ethisch vertretbaren Zutaten“), welches das Modell dazu anleitet, sich auf ein spezifisches Thema zu konzentrieren.
  • Nach detaillierten Informationen fragt („Schlüsseltechniken und innovativen Kochpraktiken“), was das Modell dazu anregt, konkrete Inhalte zu produzieren.

Die richtige Formulierung eines Prompts hilft dem Modell, thematisch relevante Antworten zu liefern.

Was ist Fine-Tuning oder das “Verfeinern” von Sprachmodellen?

Beim Fine-Tuning (Englisch für verfeinern) von Large Language Models (Englisch für große Sprachmodelle, kurz LLMs) wie GPT wird ein bereits trainiertes Modell weiter angepasst, so dass es spezifische Aufgaben erfüllen kann. So kann ChatGPT zum Beispiel Texte erstellen, berücksichtigt dabei aber keine individuellen Marken-, Stil- oder Ton-Richtlinien. Soll das erreicht werden, muss ChatGPT „verfeinert“ werden. Bleiben wir beim Koch-Beispiel: In diesem Fall beherrscht unser Koch die Zubereitung aller Gerichte im Wesentlichen. Fine-Tuning bedeutet, dass er sich nun auf die Zubereitung von neapolitanischer Pizza spezialisieren möchte. Die folgenden Kernpunkte, beschreiben diesen Prozess:

  • Fine-Tuning beginnt immer mit einem Modell, das bereits auf einer umfangreichen Datenmenge trainiert wurde, z.B. Open AI’s GPT 4.0, Google’s Gemini oder Amazon’s Titan-Modell. 
  • Für das Fine-Tuning wird das Modell mit einem kleineren, spezifischen Datensatz nachtrainiert, der eng mit der gewünschten Aufgabe verbunden ist (z.B. einem Datensatz, der Merkmaler einer Marke definiert und beschreibt). Diese Daten helfen dem Modell, die Besonderheiten des erwünschten Kontextes zu lernen.
  • Während des Fine-Tuning-Prozesses werden die Gewichte und Parameter des Modells feinjustiert. Dies kann eine verbesserte Genauigkeit und Relevanz in den Antworten (Output) des Modells zur Folge haben.
  • Durch das Fine-Tuning kann die Effektivität des Modells für spezifische Bereiche erhöht werden, ohne dass das gesamte Modell von Grund auf neu trainiert werden muss. Das spart Ressourcen und Zeit.

Zusammengefasst wird beim Fine-Tuning ein Modell durch zusätzliches Training spezifisch angepasst, während Prompt Engineering darauf abzielt, durch kreative Formulierungen das Beste aus einem bereits trainierten Modell herauszuholen, ohne dessen Struktur zu ändern.

Prompt Engineering versus Fine-Tuning

Die Entscheidung, ob ein großes Sprachmodell verfeinert oder das Prompt Engineering an seine Grenzen gebracht werden soll, hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu zählen zum Beispiel die Anforderungen einer Anwendung, die Datenverfügbarkeit, Kostenüberlegungen und die Komplexität der Aufgabe. 

Wann LLM verfeinern? Wann Prompts an ihre Grenzen bringen?
Es sind spezifische Kenntnisse erforderlich. Es handelt sich um allgemeine Anwendungsfälle.
Ein benutzerdefiniertes Verhalten oder Stil ist erwünscht. Flexibilität für schnelle Experimente ist notwendig.
Die Verbesserung der Genauigkeit des Basismodells für Spezialaufgaben ist nötig. Es gibt Kosten- und Ressourcenbeschränkungen.
Datenschutz und Sensibilität stehen im Fokus. Die Nutzung von Modell-Updates ist möglich.

Wann sollte ein LLM verfeinert werden:

  • 1. Spezifische Kenntnisse erforderlich: Wenn Ihre Anwendung umfassende Kenntnisse in einer bestimmten Domäne erfordert, mit denen das Basismodell nicht vertraut ist, kann eine Feinabstimmung mit spezifischen Daten die Leistung erheblich verbessern.
  • 2. Benutzerdefiniertes Verhalten oder Stil: Bei Anwendungen, die einen Schreibstil oder ein bestimmtes Verhalten benötigen, kann die Feinabstimmung anhand von Beispielen dieses Stils dazu beitragen, konsistente Ergebnisse zu erzielen.
  • 3. Verbesserung der Genauigkeit bei Spezialaufgaben: Wenn die Leistung des Basismodells bei einer Spezialaufgabe (z. B. rechtliche Analyse, technische Fehlerbehebung) nicht ausreicht, kann eine Feinabstimmung mit aufgabenspezifischen Daten die Genauigkeit verbessern.
  • 4. Datenschutz und Sensibilität: Wenn Sie über sensible Daten verfügen und das Modell diese Daten verstehen und damit arbeiten muss, ohne sie einer Cloud-basierten API auszusetzen, kann eine lokale Feinabstimmung sowohl Anpassung als auch Kontrolle darüber ermöglichen.

Wann sollten Eingabeaufforderungen verwendet werden:

  • 1. Umfassende oder allgemeine Anwendungsfälle: Bei Anwendungen, die keine tiefgreifenden Kenntnisse erfordern oder allgemeiner Natur sind, kann ein ausgefeiltes Prompt-Engineering oft Antworten aus Basismodellen herauslocken.
  • 2. Flexibilität und schnelle Experimente: Prompt Engineering ermöglicht schnelle Experimente, ohne dass ein Datensatz oder Rechenleistungen erforderlich sind.
  • 3. Kosten- und Ressourcen: Feinabstimmung erfordert Rechenressourcen für den Trainingsprozess sowie die Entwicklung eines hochwertigen Trainingsdatensatzes. Wenn die Ressourcen begrenzt sind, ist Prompt Engineering eine kostengünstige Alternative.
  • 4. Nutzung von Modell-Updates: Basismodelle werden von ihren Herstellern regelmäßig aktualisiert, wobei die Leistung verbessert oder neue Funktionen hinzugefügt werden. Von diesen Aktualisierungen kannst du profitieren, ohne dein Modell neu abstimmen zu müssen.

Win-win: Die Kombination beider Ansätze 

In manchen Fällen kann ein hybrider Ansatz der beste Weg sein. Prompt-Gestaltung ermöglicht die schnelle Entwicklung einer Grundlage als ersten Schritt. Wie ein Koch, der mit einem Grundrezept startet, um einen Testlauf – eine Kostprobe – zu erschaffen.

Im Anschluss an einen erfolgreichen Testlauf kann dann die passende Feinabstimmung eines Sprachmodelles erfolgen. Vergleichbar mit der Verfeinerung des Grundrezeptes, durch spezielle Zutaten oder Kochtechniken, um jedes Detail zu perfektionieren. So werden die Stärken beider Strategien kombiniert: die schnelle und flexible Entwicklung durch Prompt-Gestaltung mit der tiefgreifenden, maßgeschneiderten Anpassung durch Feinabstimmung.

Letztendlich hängt die Wahl zwischen Feinabstimmung und Prompt-Gestaltung, ähnlich der Entscheidung zwischen einem einfachen, aber schmackhaften Gericht und einem komplexen Gourmet-Menü, von den zur Verfügung stehenden Ressourcen ab und davon, wie wichtig es ist, dass das Modell (oder das Menü) für deinen spezifischen Anwendungsfall (oder Geschmack) optimal funktioniert.

Nach meiner Analyse wird klar, dass beide Methoden entscheidende Zutaten im Rezept für KI-Erfolg sind. Der Rat meines KI-Experten, zunächst die Möglichkeiten von Prompts auszuloten, bevor man sich der Feinabstimmung widmet, erweist sich als weise Strategie. Wie ein Meisterkoch, der weiß, wann er ein Rezept genau befolgen muss und wann er experimentieren kann, um ein Gericht zu perfektionieren, können auch wir lernen, mit den Werkzeugen und Techniken der KI kunstvoll umzugehen. Der Vergleich zwischen Prompt-Engineering und Feinabstimmung zeigt, dass es in der KI weniger um ein Entweder-Oder geht, sondern vielmehr darum, wie man die Stärken beider Ansätze harmonisch kombinieren kann, um das volle Potenzial der Technologie zu entfalten.

  • Quellen: https://www.ankursnewsletter.com/p/fine-tuning-large-lingual-models
  • Bild: DALL E
  • Die Erstellung dieses Artikels wurde unterstützt von ChatGPT.

Tina

Tina Nord ist Marketing-Expertin, Autorin und Sprecherin. Die Kommunikationswirtin beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit Content Marketing. Seit 2016 erforscht Tina den Einfluss maschinellen Lernens auf Content und engagiert sich für die Repräsentation und Beteiligung von Frauen an der Entwicklung von KI.

Diese Artikel sind ebenfalls interessant:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert